Moin,
es gibt in der Bestäubungsbiologie das sogenannte "Bestäubungs-Syndrom". Man kann anhand von morphologischen, farblichen und olfaktorischen (Duft/Gestank) Merkmalen der Blüten voraussagen, welcher Bestäuber in Frage kommen könnte.
Bräunliche Farben, Flimmerhaare an den Blütenrändern und ein Gestank nach verwesendem Fleisch oder Kot lässt auf Fliegen als Bestäuber schließen.
Offene, sehr feste Blüten mit viel Pollen und Fruchtanlagen sind oft auf pollenfressende Tiere wie Käfer eingestellt.
Weiße, oft sternförmige Blüten mit einer Röhrenstruktur und für uns Menschen angenehmen Duft sind häufig Nachtfalter-Blumen.
Rote oder in unseren Augen sehr bunt gefärbte Blüten, ebenfalls mit Röhrenstrukturen und ohne Duft, sind meist Arten, die durch Vögel bestäubt werden.
Das kann man immer weiter führen. So habe ich eine Hyazinthenverwandte aus Nordafrika in Kultur, die abends einen sehr starken Geruch nach altem Schweiß entwickelt. Dazu noch eine leichte Röhrenform für einen längeren Saugrüssel des Bestäuber und schon könnte man daran denken, das hier Stechmücken als Bestäuber fungieren, die sich bei ihrer Suche nach Opfern ja am ausgeatmeten Kohlendioxid und der im Schweiß vorhandenen Buttersäure orientieren.
Während der Erforschung der Bestäubungsbiologie hat man nun festgestellt, das sich die Blütenform und Ausgestaltung innerhalb einer Verwandtschaftsgruppe oft schneller auf einen neuen Bestäuber einstellen kann, als gedacht. Somit haben die Taxonomen das Problem, diese konvergenten Entwicklungen stammesgeschichtlich einzuordnen.
Ein sehr gutes Beispiel ist Oncidium im herkömmlichen Sinn. Die "typische" gelbbraune Oncidien-Blüte mit an der Basis verengten Blütenblättern sind, genau wie Ophrys, Täuschblumen. Nur das hier kein Sexualpartner vorgetäuscht wird, sondern es gäbe was zu Fressen (Öle) zu holen. Wer sich nämlich die Blüten eines Oncidium flexuosum, dem mittelamerikanischen Oncidium bracteatum und einer Art der
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Die Pflanzenfamilie der Malpighiaceae ist von Mexiko bis Süd-Brasilien zu finden und in diesem Gebiet gibt es auch die angesprochenen Bienen. Da bleibt es nicht aus, das unterschiedliche Orchideen, die ihre Bestäuber ja gerne verarschen, sich auch hier an den Bestäubern bedienen und sich damit bei ihnen, trotz nur entfernterer Verwandtschaft, eine ähnliche Blütenform entwickelt hat.
Die taxonomische Einordnung wird umso schwieriger, je näher die Taxa verwandt sind. Gomesa, Oncidium, Cyrtochilum, Zelenkoa usw. sind ja noch im selben Tribus zu finden. Einige Cyrtopodium, die ja mit Eulophia näher verwandt sind, haben sich, denke ich, auch die ölsammelnden Bienen als Bestäuber ausgesucht. Jedenfalls lässt sich das aus der Blütenform- und färbung herleiten.
Leider sind bei vielen Orchideen die Bestäuber noch nicht bekannt und man kann nur durch Vergleiche der Blütenmerkmale auf sogenannte "Bestäubungs-Sprünge" (Pollination-Shift) schliessen. Da gibt es auf jeden Fall noch viel zu beobachten.
Mal ein paar Beispiele (betrachtet nur die Blüten und versucht, euch in die Lage des Bestäubers hineinzuversetzen):
Könnte auch eine Cattleya sein, oder?
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]Angraecum-verwandte (es gibt auch welche ohne Sporn)
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]Maxillaria oder Cymbidium?
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]Sobralia, Cattleya oder was?
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]Cochlioda noezliana ist doch sehr ähnlich, oder?
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]Brassavola/Trichopilia
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]Könnte auch ein Bulbophyllum sein, ist aber ein Pleurothallis
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]Es gibt extrem viele Beispiele, sogar unter nicht näher miteinander verwandten Pflanzen:
Aloe und Erica, beide kommen aus Südafrika und werden von Nektarvögeln bestäubt. Na, fällt euch was auf
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