Ich frage mich immer wieder, warum einige Forumsmitglieder große Erfolge bei der Substrat-Glas-Kultur (SGK) haben, andere aber nicht. Ich beziehe meine Äußerungen jetzt nur auf die Fensterbank-Kultur, da ich keine Erfahrungen mit einem Gewächshaus oder einem Wintergarten habe.
Wir wissen ja alle, dass Orchideen folgende Bedingungen benötigen, damit sie gut wachsen:
- die für sie richtigen Tag- und Nachtemperaturen
- das für sie richtige Licht
- die für sie richtige Wassermenge mit einem leicht sauren pH-Wert
- die für sie richtige Nährstoffkonzentration
- das nötige Kohlenstoffdioxid aus der Luft, was ja in der Regel im Zimmer ausreichend vorhanden ist
Wenn nur einer dieser genannten Faktor im Minimum vorliegt, bestimmt dieser das Wachstum oder Nichtwachstum der Pflanze. Die Orchideen wachsen unzureichend oder gar nicht, wenn sie z. B. beste Lichtverhältnisse, ausreichende Nährstoffe und die richtigen Temperaturen haben, aber ungenügend mit Wasser versorgt werden. Oder alle genannten Faktoren stimmen, jedoch die Temperatur ist viel zu hoch oder zu niedrig.
Ich beziehe meine weiteren Ausführungen nur auf Phalaenopsen, und zwar auf die im Vergleich zu den Naturformen und Hybriden bezüglich Pflegefehler vergleichsweise erheblich anpassungsfähigeren Multihybriden. Aber auch deren Anpassungsfähigkeit ist durch ihre Erbanlagen begrenzt, wie jeder erkennen kann, der mit irgendeiner Kulturmethode Misserfolge hat.
Bei Phalaenopsen habe ich in der Literatur als empfohlene Temperaturen gefunden: Tag (20 bis 25 °C), Nacht (18 °C, möglichst nicht darunter). Usambaraveilchen als tropische Pflanzen, für die diese Temperaturen ebenfalls sehr empfehlenswert sind, stoppen die Zellteilungsvorgänge, wenn die Temperatur unter 16 °C geht, wie ich in einem Gesneriaceaen-Forum gelesen habe. Leider konnte ich für Phalaenopsen keine Angaben finden, bei welchen niedrigen Temperaturen die Zellteilung nicht mehr stattfindet. Ich könnte mir vorstellen, dass deren Wachstumsprozesse sich auch unter 16 °C zumindest stark verlangsamen. Ich bitte um Korrektur, wenn hierzu andere Angaben vorliegen.
Wie wir alle wissen, sind langfristig die Wurzeln ganz entscheidend für die Qualität der Blätter und der Blüten. Wann bekommen wir in den Geschäften vermehrt Phalaenopsen angeboten? Im Herbst und im Winter. Auch schon längerfristig kultivierte Phalaenopsen zeigen bei vielen Leuten in diesen Jahreszeiten oft durch vorherige Pflegefehler Schäden.
Liest man nun im Internet von den Erfolgen der SGK-Methode, kann man es kaum erwarten, diese auch bei seinen eigenen Phalaenopsen auszuprobieren. Manchmal werden die ganz wunderbaren Anleitungen von Hauzi nicht richtig gelesen und der Aufbau erfolgt mit falschen Materialien oder die Schichtung stimmt nicht. Dies sind aber nicht die einzigen Fehler, die man dabei machen kann.
Meiner Meinung nach ist für Anfänger neben den obigen Fehlerquellen auch die Wahl der falschen Gefäßform (unten sehr schmal – oben breit, wechselnde Breite, bauchig usw.) auch das Umtopfen zum falschen Zeitpunkt eine weitere und ganz entscheidende Fehlerquelle.
Welche Folgen könnte das Umtopfen zum falschen Zeitpunkt haben?
- Wenn ich die Phalaenopsis ins Glas topfe, müssen deren Wurzeln sich dem neuen Substrat und der neuen Kulturform erst einmal anpassen, d. h. die alten Wurzeln sind an die vorherigen Wachstumsbedingungen angepasst, meistens nach dem Ebbe- und Flutsystem, was bedeutet, dass entweder durchdringend gegossen oder getaucht wird und man dann man das Substrat wieder vollkommen abtrocknen lässt.
- Diese Anpassung kann gerade am Ende des Herbstes und im Winter bei den ohnehin langsam wachsenden Phalaenopsen viele (und oft für geschwächte Pflanzen zu viele) Monate dauern. Im günstigsten Fall können die alten Wurzeln an der Spitze weiterwachsen und irgendwann an den Spitzen als Wasserwurzeln umgewandelt den Düngevorrat ganz unten im Gefäß erreichen und diesen anzapfen.
- Oft sterben aber die alten Wurzeln ab, da für sie plötzlich zu lange zu viel Feuchtigkeit vorhanden ist, werden dann abgebaut und erhöhen so nach einiger Zeit die Konzentration an gelösten Salzen, was zu massiven Störungen bei neu gewachsenen Wurzeln führen kann, wenn diese in die Lösung wachsen und deren Salzgehalt zu hoch ist, was durch zusätzlichen Dünger in dieser ungünstigen Zeit noch verstärkt wird.
Ich vermute, dass das Moos als Indikator für zu hohe Salzkonzentrationen in der Lösung dient:
Da Moose salzempfindlich sind, zeigen sie recht früh an, ob zu viele Abbauprozesse im Glasgefäß stattfinden. Die dadurch entstehenden Salze und/oder zu viele Salze bei zusätzlicher Düngung führen dann zum späteren Kränkeln und Absterben der Orchideenwurzeln.
Am Ende des Herbstes oder im Winter sind auf den Fensterbänken folgende begrenzende Faktoren zu nennen:
- Das Licht ist bei bedecktem Himmel von zu geringer Intensität und es herrschen Kurztagbedingungen.
- Bei Sonnenschein ist die Lichtausbeute für die Pflanze zwar etwas besser, dafür steigt die Temperatur und die relative Luftfeuchtigkeit sinkt erheblich; bei mir von 50 % auf unter 30 %. Eine eventuell zu hohe Temperatur und/oder eine zu geringe Luftfeuchtigkeit schwächt eine Pflanze erheblich, deren Wurzeln erst noch wachsen und sich dem neuen Milieu anpassen müssen, d. h. sie verliert dann mehr Wasser als sie aufnehmen kann. Geschieht dies über längere Zeit, kann die Pflanze absterben.
- Wenn Phalaenopsen bei bedecktem Himmel über der warmen Heizung stehen, sind die Temperaturen eventuell günstig, dafür trocknet die aufsteigende warme Luft die Pflanzen aus und das bei nicht richtig oder gar nicht funktionierenden Wurzeln. Auch dadurch wird die Pflanze auf Dauer geschwächt und kann langfristig absterben.
- Wird die Heizung nachts ausgestellt, kann es in einigen Gegenden Deutschlands durch die Kälteabstrahlung der Fenster und wenn diese auch noch zugig sind, nachts kalt für die Phalaenopsen werden. Nachts laufen Zellwachstum und Zellstreckung ab, d. h. die Temperatur darf nicht zu niedrig sein. Eventuell verschlimmert eine kalte Fensterbank aus Stein noch die Kälte.
Wenn man seine Phalaenopsen nur auf der Fensterbank ohne Hilfsmittel (Luftbefeuchter, Heizmatten usw.) hält, wäre es sicherlich ratsamer, die Pflanzen erst bei erheblich besseren Wachstumsbedingungen (März/April je nach Gegend) und wenn das Wurzelwachstum beginnt einzuglasen und sie nicht in die direkte Sonne zu stellen, sondern hell und warm und bei zu trockener Luft mit einer Schutzhaube zu versehen, bis die Pflanze genügend Wurzeln gebildet hat.
Was bewirkt das Gießen mit hartem Wasser langfristig?
- Auf jeden Fall erfolgt eine pH-Verschiebung und dadurch können die Pflanzen bestimmte Nährstoffe nicht mehr aufnehmen
- Könnte es sein, dass der dabei entstehende Kalk dazu beiträgt, dass das Rindensubstrat zu schnell von Bakterien und Pilzen abgebaut wird und dadurch eine zu hohe Konzentration an gelösten Salzen entsteht, die langfristig wiederum die Phalaenopsiswurzeln schädigt?
Ergänzende oder korrigierende Anmerkungen sind erwünscht. Die Kultur im Gewächshaus oder im Wintergarten hat sicherlich ähnliche, aber auch andere Tücken.