Coryanthes
Die Gattung Coryanthes wurde 1831 von Sir William J. HOOKER mit Cor. maculata als Typus-Art begründet. Sie gehört zur Stanhopea-Verwandtschaft und umfasst aktuell mehr als 40 Arten, welche als Epiphyten in schwülwarmen Regenwäldern bis zu ca. 1200 m Höhe von Mexiko bis ins südliche Brasilien und Bolivien beheimatet sind. Häufig wachsen die Pflanzen auch direkt an oder über Flussläufen.
Coryanthes sind große Pflanzen. Sie haben kräftige längliche, stark gefurchte Bulben, welche zwei bis drei etwa 20 – 30 cm lange Blätter tragen. Die Infloreszenzen mit i.d.R. je zwei oder drei Blüten wachsen hängend (die der kleinblütigen Arten auch horizontal oder gelegentlich aufrecht), weswegen die Pflanzen in sehr lockerem Substrat (z.B. reines Sphagnum) in Gittertöpfen, Holzkörbchen oder aufgebunden auf Moos-/Baumfarn-/Kokosfaserunterlage kultiviert werden sollten. Entsprechend ihrer Herkunft benötigen sie stets feuchtes (nicht nasses!) Substrat unter warmen bis höchstens temperierten luftfeuchten Bedingungen bei guter Luftzirkulation. Prallsonne ist zu vermeiden. Eine Ruhezeit haben die Pflanzen nicht. Sie sind bei zusagender Kultur sehr raschwüchsig und benötigen deshalb kräftige ganzjährige Düngung. Die Blüten vieler Arten sind an keine feste Jahreszeit gebunden und können mehrmals im Jahr erscheinen.
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Habitus einer Coryanthes (Cor. macrocorys)
Alle Arten leben in der Natur in Symbiose mit Ameisen. Sie stellen ihnen mit ihrem ausgeprägten Wurzelwerk ein Gerüst für den Nestbau zur Verfügung. Außerdem sondern ihre Neutriebe Nektartropfen ab, mit denen die Ameisen angelockt werden. Hierfür beschützen die Ameisen die Pflanzen vor Befall mit saugenden und fressenden Schadinsekten und düngen sie durch am Boden gesammelten Kot kleinerer und größerer Tiere. Diese Symbiose ist in Kultur für das Wachstum und Gedeihen der Pflanzen jedoch nicht erforderlich!
Die faszinierenden Blüten von Coryanthes sind außerordentlich bizarr und kompliziert gebaut. Nach dem Aufblühen rollen sich die Sepalen innerhalb weniger Stunden zusammen. An der Säulenbasis befinden sich zwei gut sichtbare Drüsen, welche - ebenfalls gut sichtbar – Tropfen einer Flüssigkeit absondern. Diese Flüssigkeit tropft in den Vorderteil der Lippe (Epichil), welche als „Kessel“ ausgeformt ist. Die Lippe ist mit einem langen „Nagel“ mit der Säule verbunden. Dieser „Nagel“ mündet in das helm- bzw. halbkugelig geformte Hypochil (basaler Teil der Lippe) der Lippe, welches über den Mittelteil der Lippe (Mesochil) gestülpt ist. Die Gestalt des Mesochils unterteilt die Gattung in zwei Sektionen:
- Sektion Coryanthes
Bei dieser Sektion ist das Mesochil glatt
- Sektion Lamellunguis
Das Mesochil trägt Lamellen oder Warzen
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Beispiel der Sektion Coryanthes: Cor. Picturata
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Foto: Beispiel der Sektion Lamellunguis: Cor. macrantha
Coryanthes-Blüten sind Kesselfallen für ihre Bestäuber, männliche Prachtbienen verschiedener Gattungen und Arten. Sie haben einen faszinierenden Bestäubungsmechanismus entwickelt! Unter dem halbkugelförmigen Hypochil (basaler Teil der Lippe) befinden sich hornartige Drüsen, die einen sehr starken artspezifischen Duft ausströmen. Die Duftquelle soll die Bestäuber (für jede Coryanthes-Art mit artspezifischem Duft EINE Prachtbienen-Art), anlocken. Diese werden vom Duft berauscht, gleiten beim Versuch, Duftstoffe zu sammeln, am Hypochil ab und fallen in den mit Flüssigkeit gefüllten Kessel (das Lippen-Epichil). Die nunmehr patschnassen Insekten können den Kessel nicht mehr fliegend verlassen, und an der sehr glatten Wand des Kessels finden ihre Füße keinen Halt. Sie sind also gezwungen, sich durch einen Kallus zwischen Epichil und Säule (dem Kesselausgang) hindurchzuzwängen - ein Vorgang, der ca. eine halbe Stunde dauert. Hierbei werden ihnen die in der Säule befindlichen Pollinien auf den Rücken geklebt. Beim "Besuch" des Insektes im Kessel der nächsten Pflanze werden die Pollinien dort in der Säulen-Narbe zur Bestäubung „abgeliefert“.
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Cor. leucocorys, Sekt. Lamellunguis
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Cor. macrantha, Sekt. Lamellunguis
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Cor. maculata, Sekt. Coryanthes
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Cor. mastersiana, Sekt. Coryanthes
Abschließende Anmerkung:
Alle Blütenfotos stammen von Pflanzen, welche ich in den neunziger Jahren in meiner damaligen Sammlung (überwiegend Cattleyen) kultiviert und zum Blühen gebracht habe.
Ich wünsche Allen hier im Forum ein Frohes Fest!
Rolf