Macroclinium

Moin,

einer meiner liebsten Zeitvertreibe ist es, Kollegen in anderen botanischen Gärten zu besuchen. Es gibt immer was zu erzählen und so sind auch schon ein paar Freundschaften entstanden.

Bei meinem letzten Besuch im Alten Botanischen Garten Göttingen durfte ich mir auch ein paar Pflanzen für die Epiphyten-Abteilung der Gruson-Gewächshäuser mitnehmen. In einer Ecke mit ein paar Miniatur-Orchideen hing ein kleiner, interessanter Büschel aus irisartigen Fächern. Wegen der Punktierung auf den Blättern konnte ich diesen Büschel als Macroclinium identifizieren. Da mich diese Gattung und ihre nächsten Verwandten, Notylia und Co., schon immer sehr interessierten, habe ich mir einen kleinen Fächer vom Rand herausoperiert.
Anfangs hat die Pflanze bei uns in der Kultur nicht viel gemacht. Es war auch nicht einfach, die Pflanze, die nicht viele Wurzeln hatte, vernünftig aufzubinden. Sie blieb lange etwas wackelig bis dann doch das Wurzelwachstum begann. Somit war es geschafft. Nicht gerechnet hatte ich jedoch mit einem Blütenstand.
Dieser fing als kleiner grüner Faden an und hat sich dann über einige Woche zu der unten gezeigten Traube entwickelt. Interessant finde ich, dass der Blütenstand nicht seitlich aus dem Fächer hervorkommt, sondern endständig entsteht...... dachte ich. Wenn man genau hinsieht erkennt man aber, dass das letzte Blatt im Fächer auf einer sehr unauffälligen "Pseudobulbe" sitzt und die anderen Blätter den bulbenstützenden Scheidenblättern der Oncidien und Co. entsprechen...... also doch seitenständig. Morphologie kann manchmal auch spannend sein.

Nach dem Aufblühen konnten wir uns ans Bestimmen machen, da die Pflanze in Göttingen kein Etikett hatte. In der Göttinger Datenbank ist jedoch nur ein Macroclinium zu finden und ebenfalls nur als "spec." vermerkt. Aber wenigstens ist dort der Fundort angegeben, gesammelt 1995 in Alta Verpaz, Guatemala auf knapp 1600 m. Da für Guatemala bisher nur zwei Macroclinium-Arten nachgewiesen wurden, war die Identifizierung danach ganz einfach, es ist Macroclinium bicolor.

Ein wenig Recherche über die am Standort mutmaßlich herrschenden Klimabedingungen sorgten nun dafür, dass die Pflanze in den für sie hoffentlich richtigen Kulturraum umziehen konnte:
- ohne Moos aufgebunden auf einem daumendicken Robinienast an einer halbschattige Stelle im temperierten Haus (winterliche Nachttemperatur bis ca. 12°C)
- dauerhaft feucht mit angedeuteter Trockenzeit im Winter, aber mit viel morgendlichem Sprühen
- stets viel Frischluft, wichtig zum Abtrocknen der fleischigen Blätter

Der ganze Blütenstand hat fast fünf Wochen gehalten, was man diesen zarten Blüten nicht unbedingt zutraut.