Christian N schrieb:Die botanische Nomenklatur ist und bleibt ein vom Menschen geschaffenes, also künstliches System.
Es ist aber ein System das die Zusammenhänge so nah an den natürlichen Gegebenheiten wie möglich darstellen will und auch soll!
Christian N schrieb:Aber in erster Linie muß es garantieren, daß alle Beteiligten, also nicht nur die Wissenschaftler, sondern auch die Gärtner, Händler und interessierten Amateure mit der Namensgebung klar kommen.
Das sehe ich nicht so und das stünde auch im krassen Gegensatz zum wissenschaftlichen Anspruch.
Christian N schrieb:Das Umbenennungschaos um Cattleya-Laelia-Sophronitis ist dabei nur die Spitze vom Eisberg.
Also das ist ja inzwischen wirklich Schnee von gestern.
Die ersten Hinweise dass diese Nomenklatur nicht stimm(en kann)t, stammen aus den 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts. Darüber hinaus ist es kein Chaos, sondern absolut stringent und klar nachvollziehbar. Man muss natürlich schon eine gewisse Lernbereitschaft mitbringen und sich damit beschäftigen, aber dann ist das "neue" System gerade in der Cattleya-Verwandtschaft äußerst logisch.
Man darf ja auch nicht vergessen dass viele der früheren Laelien (crispa, perrinii, lobata, pumila, u.a.m.) und sogar die frühere Sophronitis coccinea als Cattleyen erstbeschrieben wurden und erst nachträglich umgruppiert worden sind. Wenn man sich die Pflanzen betrachtet kann man auch im Nachhinein die spätere Umbenennung vor allem der ersten drei wegen einer doppelten Pollinienanzahl auch kaum nachvollziehen.
Da mutet schon eher die Einordnung der zweiblättrigen Cattleyen in diese Gattung seltsam an. Nicht umsonst wurden ja manche Arten auch unter anderen Gattungsnamen wie Epidendrum erstbeschrieben. Und die wären ja auch wohl die Ersten die aus der Gattung ausgegliedert gehörten, weil sie am stärksten vom typischen Cattleyen-Habitus (einblättrig, stark verdickte und sukkulente Bulben) abweichen. (Fast) alle anderen sind nur Variationen des bekannten Systems, einfach mit diversen Anpassungen an unterschiedliche Standorte und/oder Bestäuber.
Cattleya lundii passt da mit ihren zwei tereten Blättern nicht so wirklich hinein, aber wer weiß was die Forschung da noch zu Tage bringen wird?
Christian N schrieb:Alle beteiligten Botaniker sollten sich vor Augen halten, was Linne seinerzeit zur Einführung der binominalen Nomenklatur veranlaßt hat:
der Wirrwarr in der Namensgebung für die gleiche Pflanze je nach Region und Sprachgebrauch.
Und diesen Zustand haben wir wieder erreicht, bloß ein neuer Linne ist nicht in Sicht !
Und was sollte der daran ändern?
Ich bin mir sicher dass gerade Linné an den neuen Forschungen äußerst interessiert wäre, beruht sie doch auf wissenschaftlichen Möglichkeiten von denen er noch nicht einnal träumen konnte. Als Wissenschaftler wäre er heute nach wie vor erpicht auf aktuellstem Stand der Technik Licht ins Dunkel zu bringen. Sonst wäre er auch kein guter Wissenschaftler, würde ich meinen.
Abgesehen davon gibt es neue Linnés, sie tragen eben andere Namen. Ihr Ziel ist aber dasselbe.
Die Interessen von irgendwelchen bornierten lernunwilligen und einsichtsunfähigen Hobbyisten können da nur gering zählen, was sollte das auch für einen Wert für die Wissenschaft haben? Soll man deshalb neue Erkenntnisse leugnen?
Franz schrieb:Christian, danke für deinen Beitrag und deine Meinung. Meine Vermutung ist, da wollen sich einige Botaniker einen Namen machen. Nicht alles wird genetisch so bestimmt und dann ausgelegt das es einen Sinn macht. Wir haben z. B. von Cattleya citrina bis jetzt Euchile citrina schon 5 Umbenennungen ohne noch zusätzliche Synonymbenennungen in kürzester Zeit.
Dass es bei einzelnen Arten gewisse Unschärfen geben kann (siehe auch Cattleya lundii), setzt aber nicht das ganze System außer Kraft.
Der aktuell akzeptierte "Familienname" der citrina lautet übrigens Prostechea. Das wird wohl auch so bleiben da es keinen Sinn macht, lauter Klein- bis Kleinstgattungen zu produzieren. Das würde immer weitere Zerlegungen nach sich ziehen, und davon hat auch keiner etwas. Da sind Sektionen in Großgattungen wohl viel sinnvoller.
Man darf nicht vergessen, es geht immer um die Abbildung der aktuellen wissenschaftlichen Ergebnisse. Und zwar aller und egal ob sie irgendwem genehm sind oder nicht.